Befinden sich Heilpraktiker und Therapeuten tatsächlich in einem harten Konkurrenzkampf um Patienten? Macht es Sinn, sich gerade in Ballungsgebieten wie München oder Hamburg mit einer neuen Praxis niederzulassen? In diesem Beitrag erfährst du, warum es genug Klienten für alle Angehörigen von alternativen Heilberufen gibt und warum Konkurrenzdenken uns nicht weiterbringt.
Einige Zahlen und ein Rechenexempel
Insgesamt praktizieren in Deutschland nach Angaben des Verbands Unabhängiger Heilpraktiker und des Verbands Freier Psychotherapeuten ca. 46.000 Heilpraktiker, Heilpraktiker für Psychotherapie und Psychologische Berater (Stand 2018). Im Jahr 2019 lag die Einwohnerzahl in Deutschland bei 83 Millionen. Grob gerechnet, bedeutet dies mehr als 1800 potientielle Klienten pro Heilpraktiker. Würde davon nur jeder Zehnte davon jährlich etwa 400 Euro für alternative Heil- und Therapieverfahren ausgeben, wären das pro Heilpraktiker / Therapeut 72.000 Euro brutto.
Dieses Beispiel soll aufzeigen, dass es in ganz Deutschland tatsächlich ein großes und realistisches Potential an Patienten für jeden Therapeuten und Heilpraktiker gibt, das es auszuschöpfen gilt.
Das Interesse an alternativen Heilverfahren steigt
Dass unser oben angeführtes Exempel nicht ganz unrealistisch ist, zeigt eine Umfrage von YouGov und Statista aus dem Jahr 2017. Aus ihr geht hervor, dass 46 Prozent der Deutschen sich schon einmal in naturheilkundliche Behandlung begeben haben. 13 Prozent der Befragten gaben an, regelmäßig eine Heilpraktiker-Praxis aufzusuchen.
Einer der Gründe für das steigende Interesse an alternativen Heilverfahren dürfte das überlastete Gesundheitssystem in Deutschland sein. Der Mangel an Pflegekräften und Ärzten, steigende Patientenzahlen und ein immer höherer Verwaltungsaufwand bringen die schulmedizinische Versorgung an ihre Grenzen. Kranke werden zur Fallnummer, für eine adäquate – und vor allem eine ganzheitiliche – Versorgung fehlt es dem Klinikpersonal und in den Arztpraxen schlicht an Zeit. Hier kann der Besuch bei einem Heilpraktiker eine wertvolle Alternative bieten.
Besonders drastisch ist die Situation für psychisch Erkrankte. Laut der Stiftung Deutsche Depressionshilfe erkranken jährlich 5,3 Millionen Menschen zwischen 18 und 79 Jahren an Depressionen - Tendenz steigend. Ein Erstgespräch mit einem Psychotherapeuten oder einem Psychologen muss seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2017 zwar relativ rasch stattfinden. Doch die Wartezeiten auf einen freien Therapieplatz sind beträchtlich. In Großstädten muss man mit 3 bis 6 Monaten rechnen, in ländlichen Gebieten sogar mit 6 bis 12 Monaten (Quelle: SWR Wissen, Februar 2018). Rasche Hilfe können die Betroffenen hingegen bei einem Heilpraktiker für Psychotherapie finden.
Fazit: Kooperation statt Konkurrenz steigert den Erfolg aller Beteiligten
Aus dem oben Geschriebenen ergibt sich, dass ein hohes und vor allen Dingen steigendes Patienten-Potential für alle Therapeuten und Heilpraktiker vorhanden ist. Das wiederum bedeutet, dass wir nicht in Konkurrenz zueinander stehen müssen. Im Gegenteil. Statt auf Wettbewerb sollten wir verstärkt auf Kooperation und Netzwerken setzen und so gemeinsam den Erfolg aller steigern.
Dazu ein Beispiel: Stell dir vor, du bist Heilpraktiker und deine Klientin hat mit Migräne zu kämpfen. Im Laufe der Behandlung stellt sich heraus, dass es nicht nur körperliche Ursachen für ihre Beschwerden gibt, sondern das Problem tiefer liegt. Wie dankbar wäre nun deine Patientin, wenn du ihr eine einfühlsame Therapeutin empfehlen würdest. Umgekehrt könnte die empfohlene Kollegin einen Klienten zu dir schicken, der während der Behandlung somatisch erkrankt und Hilfe benötigt. Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.
Du siehst: Auch wenn du die gefühlt zig-tausendste Praxis in München eröffnest, kannst du aus einem hohen Potential an möglichen Patienten schöpfen. Bedenke zudem, dass jeder Therapeut und Heilpraktiker seine ganz individuelle Art hat, seine Klienten erfolgreich zu behandeln. Deshalb solltest du auch keine Angst davor haben, dich in unmittelbarer Nachbarschaft von Berufskollegen niederzulassen – vor allem wenn du dich auf eine bestimmte Zielgruppe spezialisiert hast, du dich zum Beispiel als Hypnosetherapeut/in vor allem auf die Behandlung von Kindern mit ADHS konzentrierst.
Wir wünschen dir viel Erfolg beim Netzwerken und viele Klienten.